Hast du ein Fahrrad, dann steht dir die Welt offen!?

Heute Nacht träumte ich zum wiederholten male davon, dass ich mit reiner Muskelkraft ins ferne Asien reise. Der blanke Wahnsinn könnte man jetzt meinen, das sind doch gefühlt ein paar Millionen Kilometer!?!?! Nun ja, das dachte ich nach dem aufwachen auch, aber leitete dennoch eine kleine Machbarkeits-Studie ein.
Die erste Frage die ich mir stellte:

  • Wie weit ist es denn wirklich?

Und das ist wohl auch schon die erste schwere Frage, da abhängig vom Ziel und den eigenen Vorstellungen die Strecke stark variieren kann. Also grenzte ich erstmal meine End-Ziel-Auswahl ein und kam auf folgende potentielle Ziele:

  • Tokio (ca. 15000 km)
  • Hongkong (ca. 12000 km)
  • Kapstadt (ca. 15000 km)

Wir merken dabei schnell, dass wir diese Distanzen über 10000 km nur per Fahrrad hinter uns bringen können, wenn wir uns auf unsere Muskelkraft beschränken wollen.
Leider leben wir aber nicht grade in den friedlichsten Zeiten, weshalb für mich z.B. Kapstadt durch mein „Ich will das ja auch überleben“-Raster fällt. Dabei muss man nämlich u.a. durch Syrien, Libanon, Israel, Ägypten und den Sudan … Die Länder hat man in den letzten Jahren nicht nur einmal negativ in den Medien gehört oder? Auch wenn es die Medien sind… da wird schon etwas Wahrheit dahinter stecken. Problem an der Kapstadt Route ist, dass es kaum sinnvolle Routen gibt an die man sich halten kann. Durch die etwas ungünstig große Wüste bleibt beinahe nur noch die Fahrt am Nil entlang, um zumindest frisches Trinkwasser sicher zu haben. Es gibt zwar schon mindestens eine Person, die eben genau meine Route gefahren ist (Leipzig-Kapstadt), aber das „Tagebuch“ verspricht nicht grade nur einladendes.

So merken wir schon jetzt, nur durch überprüfen einer Route, dass diese Radfahrer-Community größer ist als gedacht. Nur diese Super-Reisen haben bisher wohl nur die wenigsten geplant und ausgeführt. Ist ja auch ganz logisch. Diese Reisen verschlingen selten weniger als 10.000 Euro und ein halbes Jahr (wieso genau ein halbes Jahr klären wir noch), währenddessen die Erde sich ja bekanntlich weiter dreht.

Die grundlegende Route nach Hongkong oder Tokio würde sich in meinem Fall kaum Unterscheiden, da ich, wenn ich schon mal so weit mit dem Rad fahren würde, eine Stadt wie Hongkong nicht auslassen würde… Also gehen wir mal davon aus, dass das Reiseziel also Tokio ist (Wer hätte DAS gedacht?).
Jetzt wissen wir, wo es hin geht und wie weit es ungefähr bis dahin ist. Also endlich zur nächsten Frage:

  • Wo geht es lang?

Die zwei Kollegen von Berlin2Shanghai haben da eigentlich eine wirklich schöne und vor allem „sichere“ Route gefunden. Ihre Route führt von Berlin über Polen, Litauen, Lettland, Russland, Kirgisistan nach China (leider wurden sie nicht in Tibet rein gelassen ^^).
Berlin2shanghai Route

Sicherheit, Abwechslungsreichtum und dennoch möglichst wenig Länder durchqueren, um es nicht zu verkomplizieren (Visen). Ja das ist ein sehr sehr schwieriger Kompromiss.
So würde ich eigentlich liebend gerne auch mal einen Abstecher nach Inden und Nepal machen bei so einer Rundreise, aber dafür müsste man nämlich auch wieder über gefährlichen Grund (Pakistan, Afghanistan). Zumal es sich durchaus lohnt, wenn man sowieso ganz in den Süden Chinas möchte (Hongkong).
Wenn man nun durch China fährt hat man leider das Problem, dass man einen dezenten Bogen um Tibet fahren „darf“, aber ich gehe einfach mal schwer davon aus, das China ein schönes Land ist und man dort ruhig etwas länger verbringen kann.

Gut nehmen wir an, wir übernehmen die Route mit einem Abstecher nach Hongkong, wodurch man zu den 13000 Kilometern nochmal gut 1000 km hinzuaddieren muss. Wenn man nicht unbedingt ein Schlauchboot 14000 km mitschleppen möchte, dann sollte es durchaus vergönnt sein mal von Shanghai nach Nagasaki eine Fähre zu nehmen und dann von da aus nach Tokio (weitere ~1200 km) weiter zu reisen … so kommt man mit kleinen Abstechern vermutlich auf 15500 km.
Damit steht die grobe Route, natürlich müsste man sich noch genauere Gedanken über die geplante Strecke machen, sowie Ausweichrouten planen, falls etwas schief geht.
Damit kommen wir zur Frage:

  • Wie lange dauert das?

Wenn man einfache Mathematik anwendet, kommt man zu dem Ergebnis, dass man bei 8 Stunden radeln am Tag bei im Schnitt 15 km/h (so ein Rad plus Ausrüstung bringt es dann auf gut 60 Kilo) auf 120 km pro Tag kommt. 15500 km durch 120 km pro Tag ergibt ca. 130 Tage. GANZ so einfach ist es jedoch nicht. Man muss mit Verletzungen, Ermüdungen und Krankheiten rechnen, und das wichtigste: Man will ja auch mal etwas anschauen, wirken lassen, etwas erleben und sich mal gewisse Regionen länger anschauen, denn nicht umsonst sagt man: „Der Weg ist das Ziel.“ Man sollte also damit rechnen auch mal 200 Kilometer oder gar noch mehr an einem Tag zu radeln.
Meine nächste Frage war dann:

  • Wie viel Geld braucht man denn für sowas?

Wenn man noch keine Ausrüstung hat, die dafür geeignet ist, kann man dafür schon mal schnell 4000€ aufwärts einplanen, wahrscheinlich eher 6000€. Visa und die Agentur, welche diese Dinge übernehmen sollte, schlagen sicher auch nochmal mit 1000€ zu buche und Bedarfsbudget für Unterwegs sollte wohl auch mindestens 2000€ betragen. Doch möchte man gerne auch noch Bildmaterial von seiner Reise mitnehmen und so sollte man auch noch mal locker 2000 € für Technik einplanen, sowie 750 € für die schnelle Rückreise per Flugzeug und 1000€-2000€ Reserve (Man weiß ja nie). Dazu kommen dann noch die laufenden Kosten von zu Hause. Also mindestens die Miete, wenn man nicht mehr bei Hotel Mutti hausiert, sowie Handyvertrag, und sonstige Verträge, die man nicht direkt unterbrechen/aussetzen kann. 9750 – 13750€ (exkl. laufender Kosten) … insgesamt ja schon eine nette Stange Geld.
Doch die wohl wichtigste Frage ist:

  • Mit wem macht man diese Tour zusammen?

Diese Frage mag dem einen komisch vorkommen, aber man muss sich immer vor Augen führen, dass einem etwas passieren kann. Krankheit, Autounfall oder Schlimmeres… Man ist dann zu zweit immer besser dran, da man gegenseitig auf sich aufpassen, helfen und unterstützen kann. Außerdem ist man flexibler mit dem Gepäck und der Aufgabenteilung. Problem an der Geschichte ist, dass man sich für 6 Monate nicht nur vertragen, sondern auch verstehen muss. Im Idealfall teilt man nämlich auf 15000 Kilometern Erfahrungen, Essen, Ärger, Zelt und Zeit, viel Zeit. So viel Zeit, dass man nicht einfach jeden X-beliebigen Menschen, der zu dieser Wahnsinns-Tour bereit ist „mitschleppen“ kann. Wenn man aber den richtigen findet, dann hat man vermutlich den besten Freund seines Lebens gefunden.

Es gibt noch viele weitere Fragen, die man sich stellen könnte. Aber das wird dann irgendwann etwas speziell, weshalb ich das an dieser Stelle einfach mal eine Frage an euch richte:

  • Würdet ihr so ein Abenteuer gerne mal bestreiten? Und wenn nein: Warum nicht?